Lebenszyklus
Die Flussperlmuschel hat sich im Laufe der Evolution eine komplizierte Fortpflanzungsstrategie zurechtgelegt. Die Weibchen tragen in ihren Kiemen bis zu 10 Millionen Eier, aus denen sich nach der Befruchtung mikroskopisch kleine Muschellarven, sogenannte Glochidien, entwickeln. Ein „Durchschnittsweibchen“ gibt während seines Lebens ca. 200 Millionen Glochidien ab und übertrifft damit hinsichtlich der Fertilität fast alle anderen tierischen Organismen. Im Spätsommer werden die Larven der gesamten Population kollektiv ins umgebende Wasser ausgestoßen. Dort lauern bereits junge Bachforellen, um die willkommenen Leckerbissen unmittelbar nach dem Ausstoß zu fressen. Die Muschellarven gelangen in den Kiemenraum der Forelle, wo sie ihre mit Haken versehenen Schalenhälften zusammenklappen und sich im Kiemengewebe des Wirtsfisches verankern. Vom Kiemengewebe eingewachsen überdauern sie als Parasiten den Winter an den Bachforellen, ehe sie im folgenden Sommer ihre Metamorphose zur Jungmuschel durchführen, vom Wirtsfisch abgestoßen werden und auf den Gewässerboden sinken. Sofort graben sich die winzigen Jungmuscheln tief in den Kiesgrund ein und leben zumindest fünf Jahre im Schutz des Lückenraumsystems, bevor sie schließlich an die Oberfläche wandern und sich zu den erwachsenen Artgenossen in der Muschelbank gesellen. Die nun fertig entwickelten jungen Muscheln verbringen den Rest ihres etwa 120 Jahre dauernden Lebens mit dem Filtern von Nahrungspartikeln und nehmen ab einem Alter von etwa 15 bis 20 Jahren am beschriebenen Reproduktionsgeschehen teil.